Dienstag, 1. November 2011

Begegnungen

Als ich gestern Abend mit meinem Freund durch die Bahnhofsunterführung laufen wollte,
stellte sich uns ein Mann in den Weg.
Er trug Turnschuhe, 3/4 Hosen, ein Nike-Stirnband, einen Pullover mit einer Jeans-Jacke darüber und hatte gerötete Augen.
Er stand vor einem Kiosk mit einer Bierdose in der Hand und sein neues Fahrrad lehnte nebenan an der Wand.

Der Mann sprach uns an .
"Entschludigung" sagte er.
Da wir dachten, er bräuchte Hilfe oder eine Auskunft, blieben wir stehen.
Stattdessen fragte der Mann, der sich als Martin (45) vorstellte, warum alle Menschen Angst hätten und wieso wir keine Angst vor ihm hätten.
Immer wenn er jemanden ansprechen würde, würden sie weiterlaufen, abwehren oder ihn ignorieren.
Er wollte wissen, ob es an seinem Äußeren lag oder an der Bierdose, die er in den Händen hielt.
Ich musterte ihn von oben bis unten.
Er trat näher an uns heran, zu nahe und fasste uns an der Schulter, während er sprach.
Er meinte, viele Menschen würden nur mit herabgezogenen Mundwinkeln durchs Leben hasten, weil sie Sorgen haben, Angst vor Arbeitslosigkeit, Geldsorgen etc.
Jeder sorge sich nur noch um sich selbst.
Er erzählte uns von sich.
Er sei mehrfach im Knast gewesen, hätte Anzeigen gehabt wegen Körperverletzung und Beleidigung.
Ich erwischte mich dabei, dass ich darauf wartete, dass Vergewaltigung oder Ähnliches folgen würde, aber nichts kam.
Er erzählte weiter, dass manche Menschen sich ihm bewusst in den Weg stellen würden, um Profit daraus zu schlagen.
Die Menschen wären verlogen, auf ihren Vorteil bedacht.
Ein Fußgänger hätte sich ihm absichtlich vors Fahrrad geworfen, eine Zeuge hätte es gesehn.
Dann erzählte er von seinem jungen Nachbarn, der ihn bedrohte.
Früher, ja so mit zwanzig, da wäre er handgreiflich geworden, aber heute, heute redete er mit den Menschen.
Es war anders mit ihm zu reden.
Er roch nach Alkokohl und kam uns ständig sehr Nahe und seine Worte wiederholte er mehrmals mit lauter Stimme und passenden Bewegungen dazu.
Schließlich kam der Kioskbesitzer und lockte Martin mit einer Zigarette.
Dieser nahm uns nochmal beiseite und bedanke sich für das Gespräch.
Er war entwas unkonventionell, aber aus meiner Sicht nicht bedrohlich und so stapften wir um eine Erfahrung reifer weiter und dachten über das Gespräch nach.

Viele Menschen sind einfach nur einsam und wollen reden.
Solchen Menschen begegnen mir im Alltag oft und ich wundere mich darüber, aber in vielen Gesprächen steckt auch eine Botschaft wie hier:

Reden hilft weiter. Man sollte mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen.

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