Samstag, 28. Januar 2012

Meine Buchrezension zu "Der Professor" von John Katzenbach

Die Einleitung:
Immer wieder bin ich in Buchhandlungen und in Katalogen über die Werke des Autors gestolpert, hatte aber bisher noch keines  gelesen.
Bis ich vor kurzem in der Bücherei das Buch „Der Professor“ entdeckte und nach einem prüfenden Blick auf den Klappentext entschied das Buch auszuleihen.

Der Autor:
John Katzenbach wurde 1950 geboren und war ursprünglich Gerichtsreporter für den Miami Herald und die Miami News.
Bei Droemer Knaur sind inzwischen sieben Kriminalromane von ihm erschienen, darunter die Bestseller Die Anstalt, Der Patient, Das Rätsel und Das Opfer.
Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten Krimipreis der USA nominiert.
Er lebt mit seiner Familie in Amherst/ Mass.
Weitere Informationen zum Autor findet ihr unter www.johnkatzenbach.com und www.johnkatzenbach.de.


Fakten zum Buch:
Das gebundene Taschenbuch erschien im Oktober 2010 beim Droemer-Verlag.
Der Originaltitel des Buches lautet „What comes next“.
Anke und Eberhard Kreutzer haben es aus dem Amerikanischen übersetzt.
Es umfasst 560Seiten und ist im Buchhandel für 19,99 Euro zu haben.
Das Buch gibt es außerdem noch als Taschenbuch , als E-Book in der Kindle-Edition und als Audiobook zu kaufen.


Die Gestaltung des Buches:
Das Cover des Buches ist schwarz.
Ganz oben steht in weißen Großbuchstaben der Name des Autors.
Darunter steht in weißen Großbuchstaben der Titel des Buches.

Weiter erfährt man auf dem Cover, dass es sich bei dem Buch um einen Psychothriller handelt und dieser im Droemer-Verlag herausgegeben wurde.
Im Zentrum des Covers sieht man die mit einem Tuch gefesselten Arme und Hände eines jungen heranwachsenden Mädchens.
Auf der Rückseite des Buches findet man eine kurze Inhaltsangabe, welche ich weiter unten wiedergeben werde.
Unter dem Text sieht man einen rostigen Eisenstuhl unbekannten Fabrikats.
Das filigrane Tuch, welches auf dem Cover abgebildet wurde, hängt nun lose daran.
Meiner Meinung passt das Cover sehr gut zur Geschichte des Buches.
Die gefesselten Arme erinnern mich an Szenen aus dem Buch und in dem Stuhl auf der Rückseite des Buches erkenne ich den so genannten Interview-Stuhl.
Dem Buch liegen zwei Seiten bei, auf denen sowohl der Inhalt des Buches als auch der Autor ausführlich vorgestellt werden.
Öffnet man das Buch, sieht man ein junges Mädchen mit angewinkelten Beinen in einem dunklen, gefliesten Raum kauern.
Die sorgsam ausgewählten Bilder geben einen leichten Vorgeschmack auf das subtile Grauen, welches den Leser bei der Lektüre des Buches erwartet.
Das Buch gefällt mir als gebundene  Ausgabe sehr gut, da ich bei Büchern mit so vielen Seiten die gebundene Ausgabe dem Taschenbuch vorziehe.
Ein Lesebändchen oder Ähnliches gibt es nicht, aber dafür gibt’s ja Lesezeichen.
Inzwischen habe ich mir eine Buchhülle zugelegt, um meine Bücher zu schützen.
In die Buchhülle ist ein Lesebändchen integriert.


Der Verlag über das Buch:
“Als die Tür aufging, wusste er, dass er tot war“
Der pensionierte Psychologieprofessor Adrian Thomas bekommt von seinem Arzt eine niederschmetternde Diagnose: Demenz.
Noch immer unter dem Eindruck der bestürzenden Nachricht blickt der alte Mann auf die Straße und sieht ein etwa sechzehnjähriges Mädchen
vorbeieilen.
Gleichzeitig rollt ein Lieferwagen heran, bremst ab und beschleunigt wieder:
Das Mädchen ist verschwunden.
Der Professor ist verwirrt.

Täuscht er sich, oder hat er gerade eine Entführung beobachtet?


Die Geschichte und meine Meinung dazu:
Nach einer Widmung des Autors beginnt die Geschichte.
Der pensionierte Psychologieprofessor Adrian Thomas war gerade beim Neurologen und wartete auf dessen Diagnose.
Er hatte den Arzt aufgesucht, weil er zunehmend immer mehr Dinge vergaß und unter Halluzinationen litt.
Die Diagnose traf ihn wie ein Dolchstoß.
Laut dem Arzt befand er sich gerade in einem fortgeschrittenen Stadium einer seltenen Krankheit namens Lewy-Körper-Demenz.
Die unheilbare Krankheit geht mit einem schleichenden Gedächtnisverlust, Kontrollverlust der Körperfunktionen und Verlust des kritischen Denkvermögens einher und dem Professor bleiben nur noch wenige Jahre um zu leben.
Adrian macht einen Spaziergang um einen klaren Kopf zu bekommen und beschließt, seinem Leben zu Hause mit seiner Pistole ein Ende zu setzen.
Er ist pensioniert, seit drei Jahren Witwer und hat niemanden mehr, der sich um ihn kümmert oder Zeit mit ihm verbringt.
Im Auto sitzend plant er seinen Selbstmord, als plötzlich ein junges Mädchen seine Aufmerksamkeit erregt.
Sie läuft zielstrebig mit einem vollen Rucksack, an dem ein Teddybär baumelt die Straße entlang und blickt grimmig vor sich hin.
Auf einmal hält ein Kleintransporter neben dem Mädchen, fährt an und rast um die Ecke und das Mädchen ist verschwunden.
Wurde Adrian Zeuge einer Entführung oder sind dies nur Anzeichen seiner Krankheit?
Die Perspektive wechselt. Nun sehen wir die Geschehnisse aus der Sicht des jungen Mädchens namens Jennifer Riggins.
Eigentlich wollte sie zum wiederholten Male von zu Hause abhauen und war gerade dabei ihren Plan in die Tat umzusetzen, als der Lieferwagen anhielt und ein Mann und eine Frau sie brutal hineinzerrten.
Nach einem Schlag sank sie in eine gnädige Ohnmacht und ich als Leserin fragte mich, wer die Entführer sind und was sie von Jennifer wollen.
Indes wägt Adrian seine nächsten Schritte sorgsam ab.
Soll er zur Polizei gehen und die Entführung melden?
Wer wird ihm Glauben schenken, ihm dem verwirrten alten Kauz?
Adrian zweifelt und hält Zwiesprache mit einer Halluzination von seiner toten Frau.
Dann ruft er die Polizei an und meldet den Vorfall.
Er ist sich sicher Zeuge einer Entführung gewesen zu sein, denn er hat die rosafarbene Baseballkappe des Opfers bei sich, die er am Straßenrand gefunden hat.
Mittlerweile ist bei Detective Terri Collins die Meldung eingegangen, dass Jennifer Riggins von ihrer Mutter Mary und deren Lebensgefährten Scott West als vermisst gemeldet wurde.
Zuerst rechnet sie damit, den Fall schnell abzuschließen und Jennifer wieder nach Hause bringen zu können, doch dann erfährt sie von der Aussage des Professors.
Dieser lässt nicht locker und mischt sich immer wieder in die laufenden Ermittlungen ein und so langsam dämmert es auch Terri Collins, dass sie es hier mit einem äußerst ungewöhnlichen Fall zu tun hat.
Während die Mutter des Opfers vor Angst und Trauer nur noch ein Schatten ihrer Selbst ist, mimt ihr Lebensgefährte den nüchternen, abgeklärten Therapeuten und ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass er einer der Gründe sein muss, warum Jennifer schon mehrmals von zu Hause ausgerissen ist.
Auch Terri Collins hat es nicht leicht, denn auch sie ist vor einer dunklen Vergangenheit geflohen, die sie nie ganz los lässt.
Anfangs hält sie sich bei der Suche noch stoisch an die Dienstvorschriften und folgt falschen Fährten, bis sie zunehmend den Ernst der Lage begreift.
Währenddessen taumelt der Professor  zwischen wachen Phasen und Halluzinationen hin und her und nimmt schließlich sogar widerwillig  seine Psychopharmaka, um einen klaren Kopf zu bekommen und Jennifer zu finden.
Sein Gefühl sagt ihm, dass sie noch lebt und so überlegt er fieberhaft, wofür Jennifer für das Entführerpärchen von Nutzen sein könnte.
Sein vormals scharfer, analytischer Verstand ist ihm nur teilweise noch vorhanden geblieben und so eilen ihm verschiedene Halluzinationen zu Hilfe:
Seine tote Frau, sein Sohn, der als Kriegsreporter starb und sein Bruder, der Selbstmord begangen hat.
Sie alle reißen Adrian in ihr Leben vor ihrem Tod hinein und so kann es schon vorkommen, dass wir uns plötzlich inmitten von Soldaten im Krieg befinden, oder Adrian mit seinem toten Bruder, der als Anwalt tätig war spricht.
Dank den Halluzinationen gibt Adrian seine Suche nach Jennifer nicht auf und begibt sich von einer haarsträubenden Situation in die Nächste.
Wird er Jennifer jemals lebend finden?
Adrian kämpft einen Kampf gegen das Vergessen und gegen die Zeit, denn ihm ist klar:
Was auch immer die Entführer mit Jennifer vorhaben, irgendwann wird sie für sie an Nutzen und Interesse verlieren und das wird eher früher als später sein.
Immer wieder wechseln die Erzähler.
Mal erfahre ich aus Jennifers Sicht wie es weiter geht, dann wiederum lerne ich das Entführerpärchen jeweils besser kennen.
Das Entführerpärchen Linda und Michael hat mich das ganze Buch über sehr abgestoßen.
Sie haben sich bei einer wilden Underground-Sexparty kennen gelernt und schnell gemerkt, dass sie mehr miteinander verbindet.
Die beiden gehen einem einzigartigen Beruf nach, den sie selbst als Kunstform sehen.
Sie nehmen Frauen gefangen und foltern sie, geistig, seelisch und körperlich, bis die Opfer jedes Gefühl für ihre Umwelt, ihre Identität und alles Menschliche verloren haben.
Sie nehmen ihnen jegliche Form von Orientierung, verwirren sie mit akustischen Reizen, stellen sie zur Schau, stellen ihnen grausame Fragen und arbeiten mit Angst und Perversion.
Doch sie sind nicht allein, denn ihre Werke kann der zahlende Kunde online live verfolgen und Jennifer ist nun der vierte Teil dieser „Kunstform“.
Sie ist anders als ihre Vorgängerinnen, jung, unberührt und unschuldig und so fallen Linda und Michael immer wieder neue Grausamkeiten ein, um Jennifer für ihre Kundschaft interessant zu machen.
Was ist das Ziel dieses Martyriums? Wird Jennifer es unbeschadet überleben?
Während Jennifer hilflos den sadistischen Spielchen des Pärchens ausgeliefert ist und gefährlich nahe an eine Persönlichkeitsspaltung kommt, schauen auf der ganzen Welt zahlungskräftige Kunden zu und fiebern mit der sich ständig verändernden Handlung mit.
Per Kommentarfunktion teilen sie ihre Wünsche, Gedanken und Gefühle mit und mir wird ganz anders, wenn ich so was lese.
Adrian hat sich indessen einen ungewöhnlichen unfreiwilligen Helfer gesucht.
Dieser kennt sich in der Materie aus und findet entscheidende Hinweise zu den Tätern und Jennifer.
Terri Collins braucht etwas länger und tappt erstmal im Dunkeln.
Werden sie Jennifer noch rechtzeitig helfen können?
Ein rasanter Showdown mit immer schnelleren, häufigen Perspektivwechseln führt zum unausweichlichen, unglaublichen Finale.
Das Buch endet mit einem Epilog, der den Titel „Tag des letzten Gedichts“ trägt und lässt mich aufgewühlt zurück.
Danach gibt es noch zwei kurze Infotexte zu den Büchern „Das Opfer“ und „Der Patient“ des gleichen Autors.


Mein Fazit:
Dieses Buch ist nichts für zartbesaitete Menschen mit schwachen Nerven.
John Katzenbach hat mit seiner Geschichte ein emotional aufwühlendes, verstörendes Werk geschaffen.
Verstörend, weil es so erschreckend real ist.
Solch eine Entführung und deren Folgegeschichte könnte sich so oder so ähnlich überall auf dem Erdball abspielen.
Pädophile und Perverse gibt es genug und sicherlich auch einen breiten Markt, der deren Vorlieben bedient.
Linda und Michael erfüllen mich mit Abscheu und machen mir gleichzeitig auch etwas Angst, denn menschliche Abgründe sind tief und wer weiß, wie viele Menschen es gibt, die ähnlich sadistische, perverse Neigungen haben.
Die Beiden sind kaltblütig, schreiben Drehbücher für ihre „Kunst“ und verwischen den Großteil ihrer Spuren gekonnt.
Sie sind berechnend, leben minimalistisch und abgeschieden.
Ihre verdrehte Selbstwahrnehmung und ihre fehlende Empathie machen sie zu tickenden Zeitbomben.
Jennifer bietet eine gute Identifikationsfigur.
Sie will ihrem täglichen Albtraum entfliehen, ist jung und unschuldig und voller Träume.
Ihre Flucht führt sie in einen noch viel schlimmeren Albtraum und ich litt jede Seite mit ihr, hoffte und bangte.
Mehr als einmal war ich wütend auf Linda und Michael und wäre am Liebsten persönlich zu Jennifer geeilt, um sie aus den Fängen der beiden Soziopathen zu befreien.
Die Folterszenen sind oft nur angedeutet und doch kann man sie sich gut ausmalen und das ganze erschreckende Ausmaß begreifen.
Jennifers Mutter und deren Partner riefen bei mir oft nur Unverständnis hervor, denn sie geben recht schnell auf und unternehmen nicht viel, um Jennifer wieder wohlbehalten zurück zu bekommen.
Terri Collins hatte schon zu Anfang meine Sympathie auf ihrer Seite, denn auch sie hatte wie Jennifer kein einfaches Leben und ist nach und nach bereit auch unkonventionelle Entwicklungswege zu beschreiten.
Dabei hilft ihr Adrian, der zwar durch seine Krankheit etwas schrullig wirkt, aber dennoch oft die richtigen Schlüsse zieht und gleichzeitig die treibende Feder bei der Suche nach dem verschwundenen Mädchen ist.
Seine Kombinationsgabe ist brilliant, sein Wissen enorm, hört sich nach einem interessanten Menschen an.
Seine Halluzinationen lassen ihn harmlos wirken, aber das täuscht.
Anfangs fragte ich mich sogar, ob er in seiner Verwirrung nicht selbst für Jennifers Entführung verantwortlich wäre.
Die Halluzination von seiner Frau war sympathisch, sein toter Sohn und sein toter Bruder waren mir jedoch etwas zu kriegslastig.
Adrians unfreiwilliger Helfer war mir oftmals sehr unsympathisch, erwies sich aber als eine gute Investition und gegen Ende bekam er sogar von mir Sympathiepunkte wegen seines Handelns.
Die Kunden von Linda und Michael erfüllten mich mit großer Abscheu, denn sie geilten sich an Jennifers Leid und ihrer Unschuld auf, während sie weiterhin ihren anonymen Leben nachgingen und es selten dazu kam, dass mehrere Menschen gegenseitig von ihrer gefährlichen Vorliebe wussten.
Das Erschreckende daran ist, dass es gar nicht so unwahrscheinlich wäre, zahlende Kunden für solch eine Website zu finden, denn Snuff-Filme und abartige Pornos finden ja auch eine Absatzquelle.
Ich kann mir vorstellen, dass in John Katzenbachs Bücher auch seine Erfahrungen aus seiner Tätigkeit als Gerichtsreporter einfließen.
Das Buch entwickelte von Seite zu Seite mehr Spannung, weshalb ich es kaum aus der Hand legen konnte.
Ich wollte unbedingt wissen, ob Jennifer endlich gerettet werden würde und ob Linda und Michael ihre gerechte Strafe bekommen würden.
Das Ende des Buches war mal etwas anderes und ließ mich nachdenklich zurück.
Es warf ethische und moralische Fragen auf und ließ mich auch meine Moral und Ethik in Frage stellen.
Ich finde das Buch  sehr gelungen und werde mit Sicherheit noch weitere Werke des Autors lesen.


Viel Spaß beim Lesen, Bewerten und Kommentieren wünscht Aletheia.



1 Kommentar:

Katharina hat gesagt…

Eine supertolle ausführliche Rezension! <3 Das Buch würde ich auch glatt noch lesen. Von Katzbach habe ich schon 2 Bücher gelesen (glaube ich?) und fand die auch nervenaufreibend.