Sonntag, 9. September 2012

Parallelwelten

Die Soße für die Lasagne heute Abend kocht gerade, das Haus ist frisch gewischt, die Wäsche ist abgehängt und ich mache mir Gedanken über die vergangenen Wochen und die vielen Eindrücke, die auf mich einprasselten.
Am Mittwoch saß ich mit meiner Freundin und Ex-Kollegin Margrit in einem Eiscafe.
Vom Fenstertisch aus kann man gut die Menschen auf der Straße, mitten im Stadtzentrum beobachten.
Vor einer Bankfiliale lag ein Mann, offensichtlich betrunken, vielleicht obdachlos.
Ich kenne ihn vom Sehen.
Er hat mir bei einem VHS-Kurs in einem Nachbarort den Weg zu der Gärtnerei wo der Kurs stattfand gezeigt.
Ich schäme mich, denn er hat mir geholfen, als ich den Weg nicht wusste und trotzdem helfe ich ihm nicht.
Vielleicht brauch er auch einfach einen Menschen, der ihm zuhört, der ihm den Weg weist?

Eine meiner Kolleginnen hat ein Pferd, welches gerade ziemliche gesundheitliche Probleme hat.
Beiden geht es nicht gut und ich denke über eine Arbeitswelt nach, in der Menschen, die keine Kinder haben, frei nehmen dürfen, um für ihre kranken Tiere da zu sein.
Wenn man Kinder hat und diese krank sind, hat man doch auch eine gewisse Zahl an Tagen, an denen man für sie dasein und daheim bleiben darf.
Warum nicht auch bei Tieren, die für viele oft wie eigene Kinder sind?

Eine Nachbarin aus dem Haus in dem die Kita untergebracht ist, erzählt mir von den vielen alten und kranken Hausbewohnern und beschwert sich über Nachbarn, deren Kinder mit Freunden im Hausflur und im Hof spielen und laut sind.
Das Nachbarsmädchen möchte nicht im nahe gelegenen Park spielen, denn dort sind viele Betrunkene, die sie als "Penner" bezeichnet.
Kinder sind nirgendwo erwünscht, denn sie machen Lärm.
Ich gebe zu, in meiner Freizeit bin ich auch froh, wenn ich die spielenden Kinder, die im Hof lautstark herumschreien, gefolgt vom Geschrei ihrer Mutter und den lauten Telefonaten der anderen Nachbarin mal nicht hören muss.
Meiner Meinung sollte es mehr Orte für Kinder geben.
Orte an denen sie spielen können.
Orte an denen sie sicher sind.
Ich war als Kind stundenlang draußen, allein oder mit Freundinnen.
Wir streiften durch die Natur, spielten in Parks, kletterten auf Bäume, erkundeten den Fluss.
Heutzutage kann man hier nicht ein Mal mehr auf den Spielplatz gehen.

Wenn wir mit den Kita-Kindern einen Ausflug machen und dann mit dem Stadtbus in unseren Stadtteil fahren, habe ich manchmal das Gefühl in einer Art Parallelwelt zu leben.
In Pforzheim gibt es schöne Parks die viele Möglichkeiten zur Erholung bieten, zahlreiche kulturelle Angebote und das Stadtbild wird gerade mit viel Mühe und Geld aufgewertet.
Auf der anderen Seite muss ich wenn ich an einem Supermarkt vorbeilaufe an alkoholisierten Männern mit ihren Flaschen vorbei.
An der Bushaltestelle stinkt es nach Urin und die Sitzfläche ist so verdreckt, dass ich lieber stehe.
Ich bringe meine Hosen zum Kürzen zum Änderungsschneider in einem anderen Stadtteil und leihe mir in der Videothek zwei DVDs aus.
Auf dem Weg begegnet mir eine schick gekleidete Frau, einer ihrer kleinen Hunden heißt Gucci.

In einem Ort in der näheren Umgebung schikaniert ein gestörter Mensch freilaufende Katzen.
Anscheinend entführt er sie und schneidet sie dann.
Als ich den Artikel dazu in der Zeitung las, schnellte mein Blutdruck rapide nach oben und ich war fassunglos vor Zorn.
Die armen Tiere müssen zum Tierarzt gebracht werden und tragen große gesundheitliche Schäden davon.
Die Anwohner haben Angst und halten ihre Katzen nur noch zu Hause.
Wie krank muss man sein, um so etwas zu tun?
Was geht so jemandem durch den Kopf?

1 Kommentar:

Sarah F. hat gesagt…

Okay, jetzt werde ich sicherlich gesteinigt*wegduck* Du schreibst diese Texte so gut, dass ich nicht weiß, ob es dein Alltag oder Fiktion ist. Ganz ehrlich, du solltest Autor werden.